Ein Impfstoff muss her. Weltweit suchen Forscher nach einem Mittel gegen das Coronavirus SARS-CoV-2. Wir haben einen von ihnen gefragt, wie sich wissenschaftliche Akribie und Zeitdruck miteinander vertragen.
Interview: Dr. Stephan Balling
Herr Dr. Zahn, wann wird die Welt einen Impfstoff gegen das Coronavirus haben?
Im Normalfall würde es fünf bis sieben Jahre dauern, bis wir
einen Impfstoffkandidaten für eine Zulassung in Betracht ziehen können. Während
dieser Zeit durchläuft der potenzielle Impfstoff verschiedene Forschungsstadien.
Fünf bis sieben Jahre klingen in Anbetracht des Lock-Downs ernüchternd.
In der Tat. Unsere Partner und wir sind jedoch zuversichtlich, dass wir bis
September 2020 mit einem Impfstoffkandidaten in eine Phase-1-Studie starten
können, so dass Anfang 2021 hoffentlich erste
Daten zur Sicherheit und Immunogenität vorliegen.
Warum gehen Sie davon aus, dass der Entwicklungsprozess im Fall von COVID-19 schneller vorangeht?
Wir haben direkt Anfang Januar, als die Virussequenz öffentlich zugänglich war, damit begonnen, einen Impfstoffkandidaten gegen SARS-CoV-2 zu entwickeln. Unser Impfstoffprogramm nutzt Technologien von Janssen (AdVac und PER.C6). Dieselben Technologien kamen bereits bei der Entwicklung und Herstellung des Ebola-Impfstoffs von Janssen zum Einsatz, der aktuell in der Demokratischen Republik Kongo und in Ruanda eingesetzt wird. Sie wurden auch für die Entwicklung der Zika-, RSV- und HIV-Impfstoffkandidaten des Unternehmens verwendet. Da wir bewährte Technologien nutzen, können wir den Entwicklungsprozess erheblich beschleunigen.
Mit welchen Partnern arbeitet Janssen bzw. Johnson & Johnson zusammen?
Wir kooperieren unter
anderem intensiv mit der Biomedizinischen Forschungs- und Entwicklungsbehörde
des US-Gesundheitsministeriums (Biomedical Advanced Research and Development Authority, kurz BARDA). Ein weiterer wichtiger Partner ist das Beth Israel Deaconess Medical Center.
Um die Wirksamkeit potenzieller Impfstoffe testen zu können, benötigen Sie Viren. Woher stammen diese?
Die Sequenz, die wir für die Herstellung des Impfstoffs
verwenden, ist vollständig synthetisch und stammt aus China.
Ein paar Monate weitergedacht: Sobald ein Impfstoff gefunden ist, werden rund um den Erdball große Mengen davon benötigt. Verfügen Sie über die notwendigen Produktions- und Logistikkapazitäten, um diesen Bedarf decken zu können?
Da wir bewährte Technologien von Janssen nutzen, können wir die
Produktion des optimalen – also gleichermaßen wirksamen, sicheren und für die
breite Anwendung verträglichen – Impfstoffes bei Bedarf sehr schnell erhöhen. Im
Übrigen arbeiten wir eng mit den lokalen
und internationalen Gesundheitsbehörden, Regierungen, Regulierungsbehörden und
NGOs zusammen, um sicherzustellen, dass wir den Impfstoff
gegen COVID-19 schnellstmöglich und in ausreichender Menge überall dort zur
Verfügung stellen können, wo er benötigt wird.
Dr. Roland Zahn, Leiter der präklinischen Immunologie für virale Impfstoffe bei Janssen Cilag.